Ist die Angabe der Whiskyregion auf dem Etikett sinnvoll oder nicht ?
Gastbeitrag von Arno Gänsmantel
Die Angaben auf Whiskylabels sollen den potentiellen Käufer idealerweise Informationen über den Inhalt der Flasche liefern.
Eine dieser Infos auf dem Etikett von Whisky ist die Region. Hier soll untersucht werden, ob die Angabe der Region dem Kunden eine verwertbare Information über den Geschmack oder Typ des Whiskys gibt und somit eine sinnvolle Angabe für die Auswahl eines Whiskys ist.
Die Zulässigkeit der Angabe der Region auf dem Etikett ist in der „The Scotch Whisky Regulations 2009“ (ab jetzt SWR genannt) insbesondere in der „regulation 10“ geregelt. Verständlicher als der reine Gesetzestext ist der „Guidance for Producers und Bottlers“ (ab jetzt GfPB abgekürzt) von der SCA. Dieser Guide ist quasi ein Kommentar zum Gesetzestext und gibt eine Handlungsanweisung für Produzenten und Abfüller.
In der SWR sind 5 Regionen nämlich 2 „protected localities“ Campbeltown und Islay und 3 „protected regions“ Highland, Lowland und Speyside aufgeführt. Auffallend ist, dass Campbeltown immer noch als eigene Region geführt wird. Campbeltown war in früheren Zeiten eine bedeutende Whiskyregion, im Moment rechtfertigt die Anzahl der Brennereien und die Produktionsmenge diese eigene Region nicht. Aus meiner Sicht wäre eine eigene Region für die Inseln außer Islay viel eher gerechtfertigt als Campbeltown. Diese zählen aber alle zu den Highland.
Die Zugehörigkeit zu einer Region richtet sich nach dem Destillationsort. Somit ist auch eindeutig geklärt, dass Glengoyne eine Highland Destille ist, weil dort nördlich der Lowland-Grenze gebrannt wird. Die Lagerhallen, die in den Lowlands liegen spielen somit keine Rolle für die Regionsbestimmung.
Laut 8.3 der GfPB ist es erlaubt, obwohl die 5 Regionen in der SWR genau beschrieben und abgegrenzt sind, weitere Regionsbezeichnungen z.B. „Orkney Single Malt Scotch Whisky“ zu verwenden. Diese Tatsache trägt leider nicht zu mehr Übersicht und Verständnis bei.
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Klassisches Beispiel für die Vermarktung nach Regionen ist Wein.
Beim Wein ist die Sache meiner Meinung nach eindeutig. Dort reifen je nach Region unterschiedliche Traubensorten und das Klima und die Geologie der Region hinterlassen starke Spuren im Wein. Ein Moselriesling schmeckt tendenziell anders als ein Riesling aus dem Rheingau. Im Kaiserstuhl wächst aufgrund der Wärme fast kein Riesling. Somit prägt das Anbaugebiet sehr stark den Typus und Geschmack des Weines.
Das Klima und der Boden des Anbaugebietes spielt bei der Gerste eine viel geringere bis keine Rolle. Außerdem ist nicht vorgeschrieben, dass die Gerste für das Malz aus der betroffenen Whiskyregion kommt. Somit fällt der erste Vergleich mit Wein negativ aus.
Vorgeschrieben für eine Region – wie oben dargelegt - ist nur die Destillation in der Region. Dieser Prozess ist zwar ebenfalls mitentscheidend für den Geschmack eines Whiskys, aber eher charakteristisch für die einzelne Brennerei sprich Destillencharakter. Die Brennblasenform bestimmt ebenso wie der Brennprozess z.B. wann wird der Nachlauf abgetrennt den Destillencharakter. Dies ist aber destillenabhängig und nicht einheitlich in einer Region. Aus dem Destillationsort kann deshalb kein einheitlicher Geschmack oder Whiskytyp abgeleitet werden. Insbesondere der Rauchgehalt des Malzes, der Fasstyp und Fassgröße beeinflussen den Whiskygeschmack mehr als die Region. Zusätzliche Methoden wie Finishing drücken dem Whisky nochmals einen weiteren Stempel auf, der unabhängig von der Region ist.
Das Klima einer Region könnte sich ebenfalls noch sehr stark bei der Lagerung auswirken. Die Temperatur und die Temperaturunterschiede zwischen den Jahreszeiten und/oder zwischen Tag und Nacht lassen den Whisky unterschiedlich und unterschiedlich schnell reifen. Aber die Reifung des Whiskys innerhalb der Region ist nicht vorgeschrieben. Schottischer Whisky muss zwar in Schottland aber Islay Whisky muss nicht auf Islay, sondern kann auch irgendwo in Schottland reifen. Das ist meiner Meinung nach nicht konsequent.
Natürlich erzeugt eine Lagerung in der Region oder bei Single Malt sogar in der Destille oder zumindest in der Nähe der Brennerei höhere Kosten, wäre aber konsequente Weg. Auch für die unabhängigen Abfüller müssten umdenken, wenn der Reifeort enger spezifiziert und die Vorschriften geändert würden.
Aber nur mit einer solchen Änderung ergibt die Angabe von Whiskyregionen einen Sinn.
Außerdem hat bei der Reifung der Fasstyp, die Fassgröße und die individuellen Eigenschaften des Fasses einen erheblichen Einfluss auf die Reifung. Welche Fasstypen, Fassgröße etc. zum Einsatz kommen ist keineswegs für die einzelnen Regionen gebietstypisch festgelegt. Im Gegenteil werden die Whiskys einer einzelnen Brennerei in vielen unterschiedlichen Fasstypen gelagert.
Bezeichnend dass die Angabe der Whiskyregion nur Marketinggesichtspunkten unterliegt, zeigen die Beispiele von Glenfarclas und Macallan. Beide Originalfüllungen tragen auf dem Etikett die Region Highland, obwohl beide eindeutig im Teilgebiet Speyside liegen. Die Highlands sind aber bei vielen Whiskyanfängern bekannter und die Highlands klingen einfach wilder und mystischer (es kann nur einen geben!) als Speyside. Dies ist auch kein Verstoß gegen die Regelung der SWR, da die Speyside innerhalb der Grenzen von Highland liegen. Somit können Whiskys aus der Speyside sowohl die „protected region“ Highland als auch „protected region“ Speyside auf dem Etikett tragen.
Zusammenfassend kann man feststellen, dass nicht die Whiskyregion den Geschmack eines Whiskys stark beeinflussen, sondern Komponenten und Prozesse die mit der Region wenig zu tun haben oder auch außerhalb der Region statt finden können, zum Beispiel die Rauchigkeit des Malz, Fassgröße, Fasstype oder Lagerort.
Die Angabe einer Whiskyregion ergibt insbesondere für den Anfänger keine sinnvolle Information, sondern kann eher zu fehlerhafte Interpretationen führen. Zum Beispiel erwartet der Anfänger meist keinen rauchigen Whisky in der Speyside oder einen ungetorften in Islay.
Die Whiskys einer Whiskyregion sind somit nicht homogen und schmecken in ihren Grundzügen nicht ähnlich, sondern beinhalten geschmacklich sehr verschiedene Whiskytypen. Dies gilt insbesondere für die große Region Highland, denn die Unterschiede zwischen den Grenzen zu Lowland, den westlichen Highlands und den Inseln wie Skye oder Orkneys sind enorm.
Die Angabe der Brennerei bei Single Malts impliziert für den erfahrenen Whiskytrinker die Region und bietet über den Brennereicharakter wesentlich mehr Informationen als die Nennung der Region.
Gravierende Auswirkungen hätte die Änderungen (keine Region auf den Etiketten) auf Single Malts, bei denen die Brennerei nicht genannt, oder Blended Malts, die eine Region auf dem Etikett tragen. Aber schon heute wird oft neben der Region ein Namen gewählt, der auf den Stil des Whiskys oder die Brennerei hindeutet z.B. Big Peat, Smokehead, West Port oder Port Askaig.
Weil aus der Nennung der Whiskyregion auf dem Etikett – wie oben dargelegt - keine zusätzliche Information über den Geschmack oder Whiskytyp abgeleitet werden kann, wäre es deshalb gut möglich auf die die Angabe der Whiskyregionen zu verzichten.
Neben dem Austausch hier gibt es die Möglichkeit mit Arno auch am Dienstag im Cutty-Chat das Thema weiter live zu vertiefen.
___Mortlach.de
____ „Kühner als das Unbekannte zu erforschen, kann es sein, das Bekannte zu bezweifeln.“ Alexander von Humboldt
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Wir alle seins Brüder,
Wir alle seins gleich!
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