Eine Woche Speyside zu Fuß

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      Eine Woche Speyside zu Fuß

      Eine Wanderung über mehrere Tage wollten meine Frau und ich schon länger mal ausprobieren. Also jetzt nicht mit Zelt und Trockennahrung auf dem Rücken, sondern eher die etwas bequemere Variante mit vorgebuchten Unterkünften und Gepäcktransport. Und beim ersten Mal wollten wir auch nicht gleich durch die Highlands – so fiel die Wahl auf den Speysideway.

      7 Etappen sollten es sein, von Buckie aus nach Aviemore, die erste Oktoberwoche war die Reisezeit. Nachdem wir die Unterkünfte vorgebucht hatten reisten wir an, mit dem Flieger bis Edinburgh, mit dem Schnellbus 747 bis Inverkeithing, mit Scotrail nach Keith und dann mit dem Taxi nach Buckie. Das war für uns mal was anderes, so ohne Auto unterwegs zu sein. Nett, wenn man von Aberdeen mit dem „Intercity“ von Bahnhof zu Bahnhof zockelt und die ersten Fasslager erspäht. Zum Öffnen der Zugtür muss man dann übrigens das Fenster aufmachen und die Türklinke aussen runter drücken…

      Am Montag morgen ging es dann los. Ein paar Fotos am Startpunkt und dann die Küste entlang. Trocken, sonnig, kühl – hervorragend zum Wandern. Erstmal noch zwischen Nordsee und Küstenstrasse entlang, die Seals in Portgorden vergeblich gesucht (sie waren wohl gerade alle beim Fische fangen) – und als wir dann auf die alte Bahnstrecke abbogen kam das erste Mal so ein Speysidewalkgefühl auf.



      Am Dolphincenter (…keine zu sehen…) trafen wir dann auf den Spey, und es fing auch ein bischen an zu regnen. Nicht schlimm, aber so konnten wir wenigsten mal die Ponchos ausprobieren. Ein kleiner Ausflug zum Viadukt und schon wenig später waren wir in Fockabers am Ziel unser ersten Etappe. Hier hatten wir uns im Red Lion eingebucht. Wir hatten zwar nie eine Bestätigung bekommen, auf das Webformular reagierte keiner – aber wir wurden erwartet. Die nächsten Unterkünfte hatten wir dann in Craigellachie, Cragganmore, Tomintoul, Grantown, Boat of Garten und Aviemore gebucht. Unser Übernachtungsgepäck wurde von Ace-Taxis transportiert, sehr gute Webseite zum bestellen, prima organisiert.



      Am zweiten Tag bekommt man den den Spey auch mal von etwas weiter oben zu sehen, da sind die Abschnitte auf ehemaligen Bahntrassen eher selten uns so hat man auch ca 500 Höhenmeter zu bewältigen. Im Wald stand dann plötzlich ein Schild, dass die Brücke über den Burn of Mulben gesperrt ist und wir deshalb noch ein paar Zusatzkilometer laufen dürfen. Na gut, andernfalls wären wir nicht an der Auchroisk Distillery vorbeigekommen;-)



      Und als wir dann in Craigellachie im B&B mit einem Willkommensdram begrüsst wurden und langsam abtrockneten war auch alles wieder gut. Da störte es dann auch nicht, dass wir im Highlander Inn wegen Aufnahmen eines japanischen Fernsehteams 30 Minuten still warten mussten bis wir das Essen bestellen und einen ersten Blick ins Whiskymenu werfen konnten.



      Die Strecke bis Cragganmore ist dann wirklich flach. Toll, an wie vielen alten Haltepunkten man vorbeikommt, die auch alle noch so schöne Namen wie Dailuaine oder Tamdhu tragen. Dalmunach mit den alten Imperialgebäuden außenrum sieht auch gut aus. So von Tag zu Tag weiter wandernd ist man natürlich bezüglich Destilleriebesuchen etwas eingeschränkt, da ist es dann gar nicht so schlimm, wenn man die meisten ohnehin nicht beuchen kann. Immerhin waren wir schnell genug, um noch eine ausführliche Tour um 15:00 bei Cragganmore zu schaffen. Ich wusste gar nicht, dass es so nette, schöne Diageo Standorte gibt. Man sagte uns, dass gerade mal 8 Personen fest angestellt sind, ein Manager, drei im Visitorcenter und vier in der Produktion. Im Tastingroom kann man noch handgezeichnete Skizzen sehen und in den alten Originalproduktionsbüchern blättern. Und die 86er Fassprobe war auch extrem lecker.Wenn es mal jemand in die Gegend verschlägt, die Übernachtung im Cragganmorehaus (das alte Distillery Owner Gebäude) ist absolut zu empfehlen. Dann aber mit leckerem Abendessen buchen und bitte vorher drauf einstellen, dass man hier nicht duschen kann. So neumodische Sachen gibt es da nicht, man nimmt ein Bad in einer Badewanne aus den Gründerjahren des Betriebes.



      Am kommenden Tag stand dann unser kleiner Ausflug in die Cairngorms an. Die sogenannte Tomintoul Spur führt hinter der Ballindalloch Distillery erst über einen ersten Hügel nach Glenlivet und dann geht es über den Carn Daimh (die höchste Erhebung des Speysideway) weiter nach Tomintoul. Insgesamt sind das 900 Höhenmeter, da meine Frau ein paar Knieprobleme hatte, hat sie mich alleine bis Glenlivet laufen lassen. Sie ist einfach mit dem Gepäcktransport bis dorthin gefahren, hat eine entspannte Tour mitgemacht und sich mit ein paar Drams auf den Rest des Tages eingestimmt und auf mich gewartet-Bei mir hat es bei der kleinen Pause wenigstens noch zu einem Malt of the Month gereicht, ein sehr gut trinkbarer Glenlivet aus der Distillery Special Serie.



      Beide Teile der Tomintoul Spur sind landschaftlich erstklassig. Die Berge sind schön, einsame Wege abseits jeder Zivilisation durch die Hochmoorlandschaft. Der erste Teil bis Glenlivet ist etwas schwieriger von den Wegen her, hinter Glenlivet sind viele Abschnitte ganz neu gemacht, auch als Rundwanderwege um Glenliver ausgestaltet. Oben auf dem höchsten Punkt war es aber so nass und kalt und windig dass wir froh über Mütze, Handschuhe und Fliesspulli waren. Tomintoul erreichten wir rechtzeitig genug um im Whisky Castle noch eine Single Cask Hausabfüllung probieren und einpacken zu können. Unsere B&B Wirtin gab uns den Tipp im Old Clockhouse zu essen. Die Chefin hatte wohl bis zur Scheidung für Charles und Diana gekocht (macht aber keine Werbung damit und möchte nicht drauf angesprochen werden). Tolles Essen, lohnt sich absolut, nicht teuer, Gäste kommen von weite Strecken um da essen zu gehen.



      Der kleine Knackpunkt an der Tomintoul Spur ist die Notwendigkeit den gleichen Weg wieder zurück zu gehen – oder sich mit dem Taxi einfach wieder nach Cragganmore bringen zu lassen. Wir haben ein Taxi genommen und sind dann wieder im Tal gestartet. Die Etappe bis Grantown ist aber nun auch wieder ein gewisses Auf und Ab und nach dem Ausflug nach Tomintoul mit wieder knapp 23km schon ein anstrengendes Stückchen. Ich musste aber trotzdem noch einen kleinen Umweg machen um Tormore mal von Nahem zu sehen. Ein echtes Schmuckstück!



      Diesen Tag sind wir komplett trocken geblieben und haben sogar einige Kilometer ohne Jacke zurückgelegt. Grantown ist dann schon beinahe ein Hauptort, es gab richtig viele verschiedene Möglichkeiten zum Abendessen zu gehen. Auf den Abenddram verzichteten wir aber, da wir mit einem Paar aus Schottland, das wir unterwegs beim Wandern getroffen haben, abends ein paar Flaschen Wein tranken und viel Spaß hatten. Nachdem wir nun schon deutlich über 100km in den Beinen hatten fiel uns der Weg nach Boat of Garten am nächsten Tag recht leicht. Wir haben eine schöne Rast in Nethi Bridge gemacht und den wieder komplett warmen und sonnigen Tag in vollen Zügen auf leeren Wegen genossen.



      In Boat of Garten hatten wir dann ein B&B mit Familienanschluss, am Abend stand für die Familie, ein paar alte Militärkumpel und uns die hausgemachte Lasagne auf dem Familientisch. Als Vorspeise gab es eine hausgemachte Brühe mit selbstgesammelten Pilzen (Cauliflower Fungus – hatte ich auch noch nicht auf dem Teller). Tja, und dann zum Schluss noch gerade mal 10km bis Aviemore, durch die tolle Strathspey Landschaft mit vorbeifahrenden Dampfloks. Und dann hatten wir es geschafft, ein letzter Schluck zum Ankommen aus der Hipflask, einmal in den Walkers shop, Ourdoorläden unsicher gemacht und vor allem Dingen die Beine hochgelegt.



      Am Ende hatten wir gut 150km zurückgelegt – und wir hoffen dass Beine und Knie so weit mitspielen, dass wir auch noch den einen oder anderen long distance walk in Schottland angehen können. Es war wunderschön und hat viel Spaß gemacht!
      Vielen Dank für den Reisebericht... Großartige Erinnerungen werden wach.
      Wir haben diese Tour 1993 gemacht und wollten eigentlich auf den Spuren des Highlanders wandeln. Start war in Fochabars und bereits am 2. Tag haben wir unsere erste Destille besucht. "Auchroisk". Ab diesem Zeitpunkt war es um uns geschehen. Sonst wäre ich nun nicht hier im Forum.... :-)
      Ende war in Tomintoul. Man muss aber auch dazu sagen, dass wir bis Glenlivet einen Rollifahrer dabei hatten, den wir geschoben, gezogen und getragen haben. Wenn er bei Gefälle nicht gerade ausgebüxt war. :-)


      Aloha und noch viele solcher Wanderungen für Dich,
      Diak
      „Es kommt der Tag, da will die Säge sägen.“
      - Katlewski 1981 -