In wiefern spielt der Brennereicharakter bewertungstechnisch eine Rolle für euch ?

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      In wiefern spielt der Brennereicharakter bewertungstechnisch eine Rolle für euch ?

      Ich nehme diesen Thread: Brennereicharakter - was ist das ? mal indirekt auf.
      Wie sehe das denn überspitzt aus ein medizinisich jotiger Laphroaig schmeckte z.B. wie ein Bladnoch oder ein Kuhstall Springer wie ein Fruchtkompott Glen Keith.
      Würde das bei euch Abzüge in der B-Note geben ?
      Gehen wir mal davon aus, beides Top Abfüllungen jenseits der 90 points.
      Die Ewigkeit dauert lange, besonders gegen Ende
      Woody Allen
      Interessante Frage, die ich für mich mit NEIN beantworte.

      Früher hieß es doch immer, die Brennereien würden Fässer, die dem Brennereicharakter nicht entsprächen, gerne an die UA abgeben. Mal angenommen, dass das zutraf, dann hätten die UA-Abfüllungen ja sämtlich schlechter bewertet werden müssen als die OA - nur weil ihre Abfüllungen in der Regel eben nicht den Brennereicharakter widerspiegeln.

      Tatsächlich finden sich aber genügend Beispiele - ich nenne nur Glen Grant -, bei denen die Fans die UA deutlich höher bewerten als die OA.

      Im Ergebnis könnte ich mir vorstellen, auch einen nichtrauchigen Laphroaig hoch zu bewerten.
      Candy is dandy
      but liquor is quicker.

      (Ogden Nash)
      Ich beantworte mal die Frage mit einem klaren Jein ;-)

      Beispiel Bruichladdich:
      Zunächst muß man unterscheiden zwischen den einzelnen Zeiten und dem Grundcharakter. "Alte 60er, 70er" sind als nun mal anders als die (besonders deutlich ab 2001) die neuen.
      Wenn ich eines der beiden bevorzugen würde, dann wäre per se die andere schon mal deutlich "schlechter", was ich als "Ungerechtigkeit" empfinden würde.
      Innerhalb einer Zeitperiode gibt es aber auch da deutliche Unterschiede, die ich dann vergleichend bewerte.
      Generell betrachte ich bei exBourbon Cask gereiften Varianten doch eher den Destilleriecharakter.
      Bei den eher "dominanten" Faßarten (Sherry, Port, Rum) bewerte ich das Zusammenspiel zwischen Fass und Spirit eher auf Basis einer gewissen "Grundharmonie". Ich würde nie erwarten, daß z.B. die 1968er Signatory Sherry "blind" nach Bruichladdich schmecken oder nehmen wir mal die etwas neueren 1986er.

      Vielleicht bin ich auch einer der wenigen, die der Auffassung sind, daß eine hohe Punktzahl, grundsätzlich nicht gleichzusetzen ist mit der Beurteilung "schmeckt" mir. Aus meiner Sicht kann man eine Abfüllung auch relativ "neutral" bewerten und dennoch landet diese nicht unbedingt im persönlichen Barabteil. Dazu sollte man natürlich Kenntnisse/Erfahrungen über z.B. Spirit, Faßeinfluß, Aromenspektren, Entwicklung von Aromen, Fehlaromen verfügen und versuchen die Gesamtkomposition zu betrachten und das eigene persönliche Empfinden (etwas) auszuklammern.
      Beispiel: Ich hab "Probleme" mit Talisker und noch keine einzige Abfüllung in all den Jahren gekauft. Dennoch wäre es ziemlich absurd zu behaupten (aus meiner Sicht) Talisker "taugt nix" und die bekommen alle um die 70 Punkte.
      Es kann auch durchaus sein, daß zu passender Gelegenheit ein Whisky mir mundet, der per se ggf. 2 bis 3 Grundaromen (Richtungen) aufweist, aber der einfach zu dieser Gelegenheit paßt. Beispiel "junge getorfte Islays". Die würde ich (wenn Sie gut sind) meist nur mit ca. 80 Punkten bewerten, schaffen es aber durchaus in die Bar. Eine "rießige Komplexizität" ist eh nicht zu erwarten, aber der Grundtenor aus Faß und Spirit paßt.
      Wenn jemand ein Problem mit mir hat, kann er es behalten. Ist ja schließlich seins.